20 Jahre Tierschutzgesetz – eine Zeitreise!

Passend zur aktuellen Tierschutznovelle feiern wir heuer das 20-jährige Jubiläum des österreichweiten Tierschutzgesetzes. Welch langer Kampf dem Gesetz vorausgegangen ist, was sich verbessert hat, warum auch Ratten mal vor Gericht standen und mehr – HIER!

Auf einen Blick:

  • Über 100 Jahre dauerte der Kampf um ein österreichweites Tierschutzgesetz
  • Grausame Praktiken, wie Legebatterien und Pelzzucht, sind seitdem verboten
  • Jagd und Fischerei sind vollständig, die Nutztierhaltung teilweise ausgenommen

Irrsinnige Bürokratie behinderte Tierschutz

10 Landestierschutzgesetze bei 9 Bundesländern und unzählige Landestierschutzverordnungen, so sah Österreich vor 20 Jahren aus. Im föderalistischen Österreich wollte jedes Bundesland sein eigenes Süppchen köcheln und erließ sein eigenes Tierschutzgesetz – Salzburg sogar zwei! Von einer Landesgrenze zur anderen galten damit oft widersprüchliche Regelungen und brachte Behörden und Tierschutzorganisation zum Verzweifeln.

Angeklagte Tiere in der Vergangenheit

Skurriles offenbart auch ein Blick in die Vergangenheit: Zwischen dem 9. und 19. Jahrhundert wurden in Europa Tiere auch als Angeklagte vor Gericht gestellt. Diese Prozesse waren höchst formell. Alle rechtlichen Prozeduren wurden deshalb eingehalten, einschließlich der Bereitstellung von Gerichtspersonal und der Durchführung von Hinrichtungen.

Der französische Anwalt Bartholome Chassenee verteidigte beispielsweise einmal eine Gruppe von Ratten, die angeklagt waren, eine Ernte zerstört zu haben. Als die Tiere (wenig überraschend) ihren Prozess sausen ließen, argumentierte er, dass die Ratten nicht erscheinen konnten, weil sie auf ihrem Weg zum Gericht von Katzen bedroht wurden.

Heute sind wir schon einen großen Schritt weiter: der Bund erlässt das Tierschutzgesetz und die Länder kümmern sich um den Vollzug. Zwar hapert es auch hier noch an einigen Stellen, doch ist Österreich mit einem bundeseinheitlichen Tierschutzgesetz einen riesigen Schritt in die richtige Richtung gegangen. Lesen Sie HIER was sich durch die neueste Novelle des Tierschutzgesetzes verändert!

Schon vor 100 Jahren forderten wir ein Tierschutzgesetz

Wer in Österreich Veränderung bringen will, braucht Sitzfleisch, Geduld und vor allem viel Beharrlichkeit – das Tierschutzgesetz dauerte über 100 Jahre! Mitte des 18. Jahrhundert, während der K-und-K-Monarchie, wurde erstmals ein Verbot gegen Tierquälerei kundgemacht, hauptsächlich damit Personen sich nicht länger von Tierquälere in der Öffentlichkeit gestört fühlten.

Immerhin konnten wir (damals noch als Wiener Tierschutzverein) erwirken, dass zum Beispiel Hunde als Zugtiere verboten wurden. Bis Tierquälerei 1925 allgemein zu einem strafbaren Delikt erklärt wurde, dauerte es aber weitere 50 Jahre.

Bundeseinheitliches Tierschutzgesetz im 2. Weltkrieg

Für eine kurze Zeit hatten wir in Österreich bereits einmal ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz. Ausgerechnet während des Zweiten Weltkriegs galt im Deutschen Reich ein einheitliches Tierschutzgesetz. Der Inhalt war hingegen weit entfernt von tierfreundlichen Standards.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der erneuten Unabhängigkeit Österreichs wurde Tierschutz zur Landessache erklärt und auf mehrere Tierschutzgesetze aufgeteilt.

Ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz, das diesen Namen auch tatsächlich verdiente brauchte mehrere Anläufe. Bereits 1885 legten wir als Wiener Tierschutzverein eine Petition für ein strenges Tierschutzgesetz vor. Knapp 100 Jahre später sammelte der „Verein gegen Tierfabriken“ (VGT) 1993 mit einer „Bürgerinitiative zur Schaffung eines Bundes-Tierschutzgesetzes“ über 35.000 Unterschriften, scheiterte mit seinen Forderungen aber am österreichischen Parlament.

Bevölkerung unterstütze das Tierschutzgesetz maßgeblich

Mehrere Tierschutzvereine, darunter auch wir und der VGT, machten 1996 einen neuen Anlauf und starteten zusammen das Tierschutz-Volksbegehren „EIN Recht für Tiere“. Mit über 460.000 Unterschriften wurde die damalige Hürde für eine parlamentarische Behandlung (100.000 Unterschriften) bei weitem übertroffen. Die Bevölkerung hatte sich also deutlich für Tierschutz ausgesprochen.

2003 kam dann der erhoffte Durchbruch, bei dem sich alle vier damals im Parlament vertretene Parteien grundsätzlich für eine bundeseinheitliche Regelungen aussprachen. Ein Jahr später wurde das Gesetz verabschiedet und trat am 01.01.2005 in Kraft.

Viele wichtige Regelungen gelten seitdem

Das Gesetz war (und ist) nicht perfekt, doch es ist ein Meilenstein auf unserem Weg zu einer tiergerechten Welt. Bestimmte Haltungsformen sind seitdem verboten, unter anderem Legebatterien für Hühner und das dauerhafte Anbinden von Kälbern in Ställen.

In Zirkussen dürfen viele Wildtiere wie Tiger, Elefanten und Bären nicht mehr gehalten werden und vor der Schlachtung, müssen Tiere (überwiegend) betäubt werden. Auch manche bis dahin noch gängige tierquälerische Praktiken wurden verboten, etwa das Kupieren von Ohren und Schwänzen bei Hunden und die Pelztierzucht.

Erstmals wurde auch eine Verbandsklagerecht für Tierschutzorganisationen eingeführt, dass es uns endlich ermöglicht, gegen Verstöße des Tierschutzgesetz vorzugehen. Gleichzeitig kamen strengere Kontrollen und höhere Strafen. Außerdem wurde in jedem Bundesland eine eigene weisungsfreie Tierschutzombudsstelle eingeführt, die ebenfalls als unabhängige Stelle die Einhaltung der Tierschutzgesetzes überwachen soll.

Noch sind wir nicht am Ziel

Trotzdem gibt es noch einiges zu verbessern. Ausnahmen und lange (teils unbefristete) Übergangsfristen nehmen einigen Regelungen den notwendigen Biss. Besonders offensichtlich sind die Missstände in der Nutztierhaltung. Schweinen werden routinemäßig die Schwänze kupiert, Rinder dürfen noch bis 2030 in ständiger Anbindehaltung leben und ein tatsächliches Ende der Vollspaltenböden muss noch verhandelt werden. Auch bei vielen wichtigen Regelungen gegen Qualzucht sind Nutztiere standardgemäß ausgenommen (lesen Sie HIER mehr).

Selbst Jagd und Fischerei sind immer noch vom Tierschutzgesetz ausgenommen, obwohl gerade hier viele tierquälerische Praktiken nach wie vor gängig sind. Tiere verenden langsam in grausamen Fallen, Hunde und Füchse müssen in unterirdischen Fuchsbauten gegeneinander kämpfen, freilaufende Haustiere werden getötet – die Liste ist lang.

Ähnlich wie beim Tierschutzgesetz brauchen wir auch endlich ein bundeseinheitliches Jagdgesetz, dass diesen Grausamkeiten einen Riegel vorschiebt. Unterstützen Sie deshalb unsere Forderungen nach einer tierschutzgerechten und ökologischen Jagdreform und einem bundeseinheitlichen Gesetz.

Volksbegehren unterstützen!

Fazit

Das bundeseinheitliche Tierschutzgesetz war ein entscheidender Schritt für den Tierschutz in Österreich. Auch 20 Jahre später bleibt dieses Gesetz ein Grundpfeiler unserer täglichen Arbeit. Trotzdem sind wir noch nicht am Ziel! Noch immer gibt es Lücken und viel Verbesserungsbedarf. Wir werden weiter für eine bessere Welt für unsere Mitlebewesen kämpfen. Danke, dass Sie und unzählige andere unsere Vision teilen.

Neuner-Schatz, „Zur Geschichte des Tierschutzes: Vom Mitleid zum ‚Tierwohl‘ – Blog: Geschichte Österreichs – derStandard.at › Wissenschaft“. Zugegriffen: 7. Juli 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.derstandard.at/story/2000143398662/zur-geschichte-des-tierschutzes-vom-mitleid-zum-tierwohl

Dobretsberger, „Zur Geschichte des Tierschutzes in Wien“. Zugegriffen: 7. Juli 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://magazin.wienmuseum.at/zur-geschichte-des-tierschutzes-in-wien

Parlament Österreich, „NEUES BUNDESTIERSCHUTZGESETZ PASSIERT VERFASSUNGSAUSSCHUSS (PK0381/25.05.2004) | Parlament Österreich“. Zugegriffen: 7. Juli 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://www.parlament.gv.at/aktuelles/pk/jahr_2004/pk0381#XXII_I_00446

Bös, „STAATSZIEL TIERSCHUTZ“, JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ, Linz, 2022.

Ottensamer, „AUSGEWÄHLTE ASPEKTE DES ÖSTERREICHISCHEN TIERSCHUTZGESETZES “, Universität Wien, Wien, 2006.

„Liste der größten Erfolge“. Zugegriffen: 7. Juli 2024. [Online]. Verfügbar unter: https://vgt.at/erfolge/index.php#h1

Das könnte Sie auch interessieren

Fischfabrik in Gmünd: Ohne Umweltverträglichkeitsprüfung?!

In einem Europaschutzgebiet wird eine riesige Salzwasser-Lachszucht geplant. Nun gaben die Behörden bekannt, dass die negative Umweltauswirkungen nicht einmal geprüft werden sollen. Was wir dagegen unternehmen und mehr – HIER!

Zum Newsletter anmelden Newsletter schließen