Waldsterben – warum Rehe und Hirsche unsere Wälder zerstören

Wälder sind nicht nur lebenserhaltende Erholungsoasen, sondern erfüllen auch wichtige Schutzfunktionen für uns Menschen. Warum aktuell zu viele Rehe und Hirsche unseren Wäldern schaden und was dagegen getan werden kann – HIER!

Auf einen Blick

  • Unsere Wälder werden massiv von einer zu hohen Wilddichte bedroht
  • Zu hohe Wildbestände führen zu einem jährlichen Schaden von min. 136 Millionen Euro
  • Ein effektives Wildtiermanagement ist essentiell für die Regeneration unserer Wälder

Die österreichischen Wälder sind durch ein schlechtes Wildtiermanagement in Gefahr

Die Stabilität und Gesundheit der österreichischen Schutzwälder ist stark gefährdet und es benötigt rasch effiziente Maßnahmen, vor allem im Bereich der Wiederaufforstung und einem ökologischen Wildtiermanagement.  Österreich besitzt eine Waldfläche von 4 Millionen Hektar, wovon 1,6 Millionen Hektar (42% der gesamten Waldfläche) eine Schutzfunktion erfüllen. Schutzwälder erfüllen enorm wichtige Aufgaben, wie die Sicherung der Wasserqualität, die Hochwassergefahrverringerung und den Schutz vor Bodenerosionen [1].

Waldverjüngung bedeutet die Etablierung neuer Individuen einer Baumart oder anders gesagt, die Ansiedelung neuer Baumgenerationen im Wald. Man unterscheidet zwischen Naturverjüngung, also dem Wachstum neuer Bäume ohne menschliche Hilfe und der Waldaufforstung, also der gezielten Pflanzung neuer Baumarten in einem Wald.

Derzeit sieht es jedoch leider für die Schutzwälder Österreichs nicht sehr rosig aus. Die Gründe für den katastrophalen Zustand unserer Wälder sind vielfältig und miteinander verwoben.  Zu hohe regionale Wilddichten verhindern die nachhaltige Verjüngung: Auf zwei Drittel der Verjüngungsflächen wird die Verjüngung durch Verbiss mittel bis stark beeinflusst, was das Wachstum neuer Bäume stark inhibiert. Die Ausbreitung des Borkenkäfers sorgt für einen zusätzlichen Stressfaktor in den österreichischen Wäldern (2). Außerdem zerstören klimawandelbedingte Extremwetterereignisse ganze Flächen und müssen mit Standort- und Klimaangepassten Baumarten regeneriert werden. Zum Beispiel zerstörte der Sturm Vaia 2018 4.300 ha, eine Fläche von circa 5 Fußballfeldern, Schutzwald in Kärnten und Osttirol.

Waldverjüngung, aber richtig

Eine nachhaltige Waldverjüngung wird durch eine Baumartenwahl- und Vielfalt, die an den jeweiligen Standort und an den Klimawandel angepasst ist, erreicht.  Gleichzeitig bedarf es einer intensiven Waldpflege, um den Fortbestand der neu gepflanzten Jungbäume zu sichern. Vor allem Laubmischwälder mit mehreren Baumarten sind vorteilhaft für die Widerstandsfähigkeit der Wälder (3).

Generell werden zukünftig im Osten und Flachland Österreichs trockenresistentere Baumarten, wie die die Stiel- und Traubeneiche, sowie die Zerr-, Flaum- und Korkeiche, einen Vorteil haben (4). Die vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft (BML) und der Europäischen Union geförderte Plattform “Klimafitter Wald” stellt Informationen zur standortangepassten Baumartenwahl in den 9 Hauptwuchsgebieten Österreichs zur Verfügung.

Land der Hirsche, Land der Jäger:innen

Österreich hat im europäischen Vergleich die höchste Schalenwilddichte pro Hektar, was zu einem überbelasteten Ökosystem durch übermäßigen Verbiss und Abschälen der Bäume führt. Eine gleichzeitige Einschränkung des Lebensraumes des Schalenwildes trägt zu diesem enormen Problem bei. Während eines Gerichtsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte musste Österreich selbst eingestehen, dass durch die hohe Schalenwilddichte jährliche Schaden von ca. 136 Mio. Euro entstehen (5).

Schalenwild: Der Begriff bezieht sich auf die dem Jagdrecht unterliegenden, wildlebenden Paarhufer, wie zum Beispiel Wildschweine, Rehe und Hirsche. Ihr Fußskelett ist mit Horn überzogen, den sogenannten Klauen.

Trotz der verhältnismäßig hohen Anzahl an Jäger:innen, kommt es nicht zu einer Senkung der Schalenwilddichte. Insgesamt gibt es in Österreich derzeit rund 130.000 Jäger:innen, von denen die meisten „Freizeitjäger:innen“ sind (99.6%) und nur 500 (0.4%) Berufsjäger:innen. Außerdem steigt die Zahl der Jäger:innen in Österreich weiter kontinuierlich, auch zunehmend mehr Frauen absolvierten in den letzten Jahren den Jagdschein (6).

Vergleich der Schalenwilddichten ausgewählter europäischer Länder

Bei der Freizeitjagd steht meist nicht das Wohl des Ökosystems im Vordergrund, sondern die Freude an der Jagd an sich. Das von uns mitinitiierte Volksbegehren „Für ein Bundes-Jagdgesetz“ möchte deshalb die 9 veraltete Jagdgesetze in Österreich reformieren und ökologisch gestalten.

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Immer mehr Hirsche und Rehe streifen durch unsere Wälder

Die Schalenwilddichte steigt vor allem durch die Winterfütterung.  Über Monate werden die Wildbestände künstlich gemästet, um u.a. möglichst schöne Geweihe auszubilden. Die Futtermarke „Trophy-Futter“ wirbt zum Beispiel unverhohlen mit „Starkes Wild und kapitale Trophäen“ (7). Dies führt zu einer Veränderung der Wildtierpopulationen durch veränderten Selektionsdruck und erhöht die Krankheitsrisiken an Futterstellen. Auch eine fehlende natürliche Winteranpassungen bei der Verdauung der Tiere wird in Kauf genommen (lesen Sie HIER mehr, wie Winterfütterung unserem Wild schadet).

Auch das Fehlen natürlicher Feinde trägt zu einer starken Vermehrung des Schalenwildes bei: Wolf, Luchs und Bär werden in Österreich weiterhin überwiegend als Konkurrenz für Jagd und Landwirtschaft gesehen, nicht als Verbündete für ein gesundes Ökosystem.  Und natürlich spielt auch der Klimawandel eine Rolle. Die Winter werden zunehmend milder und verringern damit die natürliche Ausfallrate und die natürliche Selektion bei den Wildtieren (8).

Wolf – vom Jäger zum Gejagten

Ein ökologisches Gleichgewicht etabliert sich, wenn auch große Beutegreifer, wie zum Beispiel der Wolf, Luchs oder Bär in der Nahrungskette vertreten sind. Doch aktuell haben Beutegreifer in Österreich aufgrund ihrer geringen Anzahl aktuell kaum Einfluss auf die Wildtierdichte, da sich derzeit in Österreich nur rund 100 Wölfe aufhalten (9).

Um Weidetiere zu schützen, braucht es Herdenschutz und eine stabile Rudelbildung:

Herdenschutzmaßnahen sind ein effektiver Weg, um Schäden durch Beutegreifer, vor allem Wölfe, zu minimieren (10). Generell würde die EU die Präventionsmaßnahmen zum Herdenschutz (Anschaffung von Herdenschutzhunden oder Schutzzäunen) mit Hilfe des Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) bis zu 100% finanzieren, die Landesregierungen müssten die Angebote nur nutzen und zugänglich machen (11). Dies ist insofern wichtig, da Wolfsrudel gelerntes Wissen (z.B. „meide grasende Tiere“) an ihre Nachkommen weitergeben (lesen Sie HIER, warum die Landwirtschaft mehr Wolfsrudel fordern sollte).

Der Abschuss von Wölfen kann verheerende Folgen für die Wolfspopulationen und dadurch kausal auch für die Weidetiere haben. Wenn aber einzelne Wölfe oder sogar ganze Rudel abgeschossen werden, kann nicht verhindert werden, dass neue unerfahrene Tiere zuwandern und abermals Schaden verursachen (12). Deutschland hat erfolgreich vorgezeigt, wie durch etablierte Rudelbildung die Schalenwilddichte reduziert werden konnte. Laut einer Studie führte die Anwesenheit von Wolfsrudeln in Fläming zu einem  deutlichen Rückgang beim Damwild und Rotwild sowie einem starken Rückgang der Verbissschäden und einer daraus resultierenden ansteigenden Naturverjüngung (13).

Viele Mythen und falsche Behauptungen ranken sich um den Wolf und seine so geglaubte Gefährlichkeit. Dabei ist der Wolf, wie jeder andere Beutegreifer, wichtig für ein nachhaltiges Ökosystem, wenn ein entsprechendes Herdenschutzmanagement gewährleistet wird. Sogar der europäische Gerichtshof hat durch ein wegweisendes Urteil verkündet, dass die aktuelle Praxis in Österreich, Wölfe routinemäßig zu schießen, unzulässig ist (lesen Sie HIER mehr, wie Österreich gegen Recht verstößt!)

Fazit

Um unsere stark angeschlagenen Wälder zu regenerieren und klimafit zu machen, bedarf es eines effektiven Wildtiermanagements sowie einer nachhaltigen Waldverjüngung. Beide Themen sind tief miteinander verwurzelt und es ist notwendig, Gesetzesanpassungen aufgrund der aktuellen Faktenlage und nicht anhand von Mythen vorzunehmen, um unser unerlässliches Ökosystem Wald gesund zu halten.

Artenschutz durch ein Bundes-jagdgesetz!

Zusammen mit dem ökologischen Jagdverband, dem VGT und anderen Expertinnen und Experten fordern wir einen strengen Artenschutz in der österreichischen Jagd!

Volksbegehren unterstützen! 

Wenn Sie sich für Artenschutz einsetzen wollen, unterschreiben sie unser Volksbegehren für ein Bundeseinheitliches Jagdgesetz, wo wir auch noch andere wichtige Reformen fordern, um die Jagd ökologisch und tierschutzgerecht zu machen!

Sie wollen unseren WIldtieren helfen?

Unterstützen Sie uns mit einer Spende bei der Pflege unserer Wildtiere in Not oder übernehmen Sie eine individuelle Patenschaft für eines unserer anderen Tiere!

  1. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (2017). Was ist Schutzwald?, Schutzwald
  2. Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) (O.D.). Leitfaden zur Abwehr von Borkenkäferschäden. Schwerpunkt Fichtenborkenkäfer. Link: Layout 1 (bfw.ac.at)
  3. Landwirtschaftskammer Österreich (03/2022). Standort- und klimaangepasste Verjüngung des Waldes.
  4. Bundesforschungszentrum für Wald (BFW)- (2024). Baumartenampel Link: Wie bekomme ich die Baumartenampel für mein Wuchsgebiet? – Klimafitter Wald
  5. Deutscher Jagdverband. (2023). Jäger in Europa 2023 [Infografik]. Handbuch 2024. Verfügbar unter https://www.jagdverband.de.
  6. BMEIA 2021, S. 16, Kap. III.1.5.3.1, Scherhaufer et al. vs. Republik Österreich, EGMR Beschwerden 44990/18 und 7161/19
  7. Der österreichische Berufsjäger- Editorial (2018). 13. Ausgabe. Link: BJZ-Juni-2018.pdf (berufsjaeger.at)
  8. Garant Tiernahrung. (n.d.). Trophy Wildfutter [Prospekt]. Retrieved from https://www.trophy-wildfutter.at
  9. Wildschadensbericht: www.bmnt.gv.at/forst/oesterreich‐wald/waldzustand/ Wildschadensbericht.html.
  10. Österreichzentrum Bär Wolf Luchs, 2023. Gesicherte Nachweise und Wanderungen 2023. Link: Wolf – Verbreitung Österreich – Österreichzentrum (baer-wolf-luchs.at)
  11. Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. (2014). Schutzmaßnahmen vor dem Wolf
  12. Europäische Kommission, „Mitteilung der Kommission Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie“, Okt. 2021.
  13. Fauna.vs, Pressemitteilung zur Wolfsregulation. Welche Regulierung des Wolfs?Link: Welche Regulierung des Wolfs? | Fauna VS | Walliser Gesellschaft für Wildtierbiologie (fauna-vs.ch)
  14. Schumann E. Entwicklung der Schalenwildbestände im Fläming vor dem Hintergrund der Besiedlung durch den europäischen Wolf. 02.08.2022. Bachelorarbeit.

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