Grausame Tötung des streng geschützten Fischotters in Kärnten
Auch für die Jahre 2021/22 wurden in Kärnten wieder die Tötung von 51 Ottern durch eine Verordnung zugelassen, die die eigentlich ganzjährige Schonzeit des Fischotters reduziert [2]. Nicht nur das damit eine streng geschützte Art abermals gefährdet wird – wenn über zwei Jahre die zugelassene Anzahl an Ottern gefangen wird, werden damit 30 % der heimischen Otterpopulation ausgelöscht [3] – Conibearfallen töten auch auf besonders grausame Weise.
Das aktuelle von Tierschutz Austria in Auftrag gegebene Gutachten des Wildtierbiologen und Fischotterexperten Dr. Hans-Heinrich Krüger hat sich mit der Tötungswirkung der Conibearfallen und mit der Frage, ob der Fang der Weibchen in den Wintermonaten gegen das Gebot des „Muttertierschutzes“ verstoße, auseinandergesetzt. Hier sind die wichtigsten Punkte:
Was sagt das Kärntner Gesetz?
Im Kärntner Jagdgesetz ist formuliert, dass die Jagd „sachgemäß und weidgerecht“ auszuüben sei ( § 3 (1)). Zwar ist „weidgerecht“ ein unbestimmter Rechtsbegriff und unterliegt dem jeweiligen Zeitgeist, aber für eine weidgerechte Jagd steht das Gebot, dem Wild unnötige Qualen zu ersparen, an erster Stelle. Im § 68 im Kärntner Jagdgesetz werden zudem Jagdmethoden verboten, welche Fanggeräte benutzen, die nicht unversehrt fangen oder nicht sofort töten.
Die Conibearfalle ist als Fanggerät zugelassen, da sie das gefangene Raubwild angeblich sofort töte. Auch in der 81. Verordnung der Kärtner Landesregierung, wird sie daher nicht verboten [2]. Der Grund hierfür ist folgender: Offiziell gilt die Conibearfalle als „humane“ Falle, die den standardisierten Ansprüchen der ISO-Normen entspräche. Um diese Kriterien zu erfüllen, muss eine Falle dafür sorgen, dass 80 % der gefangenen Tiere nach spätestens 3 Minuten (für Marder) bzw. 5 Minuten (für Otter und andere größere Raubsäuger) das Bewusstsein verlieren und sterben [1, S.3]. Analysen haben allerdings ergeben, dass der Todeskampf der Tiere in der Regel um einiges länger dauert [1, S.2].
Die grausame Wirkung der Conibearfalle
Die Conibearfalle besteht aus zwei Stahlbügeln, die über eine Feder gespannt werden und beim Auslösen mit hoher Kraft zusammenschlagen. Getötet wird das gefangene Tier dabei nicht durch die Schlagkraft der Falle. Stattdessen ist die Falle so konzipiert, dass die Bügel im Hals- und Brustbereich treffen und lebenswichtige Strukturen, wie Herz, Lunge und große Blutgefäße, zusammenpressen. Schlussendlich tötet die Unterbrechung des Blutkreislaufs und der daraus resultierende Kreislaufkollaps. Um es noch einmal zu verdeutlichen: Nicht die Schlagkraft der Falle, also die Fähigkeit z. B. das Genick zu brechen, sondern die Klemmkraft wird zum Töten eingesetzt. Das gefangene Tier erwartet also auch im Falle eines planmäßigen Fangablaufs ein langsamer, qualvoller Tod durch Erdrücken.
Ein ebenso grausames Schicksal ereilt diejenigen, die lediglich an Gliedmaßen oder Schwanz durch die Falle festgehalten werden. Dann müssen die gefangenen Tiere lange in Panik und Todesqualen ausharren, bis sie durch den enormen Stress an Kreislaufversagen sterben, verdursten oder erfrieren. Otter ereilt dieses Schicksal besonders häufig, da sie, als Anpassung an den Wasserdruck, einen um einiges massiveren Brustkorb und muskulöseren Nacken als vergleichbare Landraubtiere entwickelt haben. Das erhöht das Risiko, dass Otter durch die Fallen festgehalten werden, bis sie entweder an Land durch Stress oder im Wasser durch Ertrinken sterben.
Abgesehen davon, dass Conibearfallen selbst die „geringen“ Anforderungen der ISO-Normen nicht erfüllen [1, S.2], sind sie also von den Vorstellungen einer weidgerechten Jagd und ganz besonders von den Formulierungen im Kärntner Jagdgesetz – „sofort tötend“ – weit entfernt.
Tierquälerische Unterwasserfallen zum Fang des streng geschützten Fischotters
Obwohl die Kärtner Landesregierung in ihrer 81. Verordnung das Töten der Tiere ausdrücklich nur an Land erlaubt [2], werden in Kärnten die Fallen häufig als „drowning set“ unter der Wasseroberfläche eingesetzt. Das kommt daher, dass die recht großen Fallen, wenn sie an Land gestellt werden, eine Gefahr für andere Tiere und auch Kinder darstellen. Denn jedes Lebewesen mit einem gewissen Gewicht kann eine Conibearfalle auslösen und folglich sterben auch andere Wild- oder Haustiere darin [1]. Diese Unselektivität der Conibearfalle widerspricht ebenfalls der 81. Verordnung der Kärtner Landesregierung, in der das Ziel einer „selektiven“ Entnahme ausdrücklich betont wird [2].
Da die Tiere in den drowning sets vorsätzlich ertrinken, ist die Unterwasser gestellte Conibearfalle ein gewaltiger Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit und die geltenden Tierschutzgesetze, worin das Ertränken „unter den quälerischen Umgang mit Tieren fällt“. Auch im Kärntner Jagdgesetzt und der 81. Verordnung wird das Ertränken nicht einmal als in Betracht zu ziehende Tötungsmethode erwähnt [1, S. 9].
Keinen Schutz für Mütter
Der Schutz von Muttertieren, die mit der Aufzucht der Jungtiere beschäftigt sind, hat im Jagdwesen einen hohen Stellenwert. Im Kärntner Jagdgesetz ist in § 68, Abs. 1, Ziffer 17 formuliert, dass es verboten ist, „die für die Aufzucht notwendigen Elterntiere zu bejagen“. Allerdings erlaubt die 81. Verordnung der Landesregierung die Bejagung der Otter-Weibchen im Winter, wofür ihre Schonzeit auf den Zeitraum vom 1. März bis zum 31. Oktober reduziert wurde.
Diese Schonzeit hat nichts mit den biologischen Fakten zu Fortpflanzung von Ottern zu tun, sondern stammt vermutlich aus alter Tradition, in der im Winter Otter für ihren warmen, dichten Pelz gejagt wurden. Der Eurasische Fischotter hat keine festgelegte Paarungszeit. Das heißt, die Jungen können im Laufe des ganzen Jahres zur Welt kommen. Auch im Winter, wo die Jagd auf Otter erlaubt ist, gebären Otterweibchen regelmäßig Nachwuchs. Außerdem sind die Jungen sehr lange von ihrer Mutter abhängig und müssen viel von ihr lernen. Es dauert bis zu einem Jahr bis sie endlich selbständig überleben können. Mit jedem getöteten Otterweibchen, stirbt folglich auch ihr diesjähriger Nachwuchs.
Ob ein Fischotterweibchen tragend ist oder Junge mit sich führt, ist in den meisten Fällen von außen nicht zu erkennen. Selbst für ExpertInnen ist die Geschlechtsbestimmung von Ottern auch aus nächster Nähe, beispielsweise in einer Lebendfalle, nicht immer eindeutig. Es ist also von Vornherein unmöglich, dass JägerInnen den Muttertierschutz bei der Otterjagd garantieren können. Natürlich erst recht nicht, wenn sie auf grausame und unselektive Methoden, wie die Conibearfalle, zurückgreifen.
Fazit:
Zusammenfassend kommt das Gutachten von Dr. Krüger zu dem Schluss, dass die zur Otterjagd verwendeten Conibearfallen weder der Vorstellung einer weidgerechten Jagd entsprechen, noch dafür sorgen, dass das Tier sofort getötet wird, wie es im Kärntner Jagdgesetz gefordert wird. Im Gegenteil, der Mechanismus der Falle kann dazu führen, dass die eingeklemmten Otter einen langen und aussichtslosen Todeskampf ertragen müssen. Als wäre das nicht Grund genug, die Jagd auf den streng geschützten Otter zu verbieten, so wird damit zusätzlich gegen den Muttertierschutz der Tiere verstoßen.
Quellen:
[1] Krüger, Hans-Heinrich. Kurzgutachten: Zur Frage des tierschutzgerechten Einsatzes von Conibearfallen und zur Einhaltung des Muttertierschutzes bei der Erlegung von Fischottern. 2021
[2] 81. Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 6. Oktober 2020, Zl. 10-JAG-1/124-2020, betreffend die vorübergehende Ausnahme von der Schonzeit für den Fischotter
[3] WWF: Kärntner Landesregierung lässt bis zu 30 Prozent der Fischotter töten (aufgerufen 05.01.21, um 9:40)
Vollständiges Gutachten