AUF EINEN BLICK
- Mangel an Gütesiegeln: Drei von fünf verarbeiteten Fleischprodukten tragen überhaupt kein Gütesiegel.
- Irreführende Herkunftsangaben: Pseudolabels suggerieren eine österreichische Herkunft, garantieren aber keine tierwohlverbesserten
- Importiertes Billigfleisch: Mehrere Discounter bieten ausländisches Fleisch an, was zu Preisdumping und erschwerten Kontrollmöglichkeiten führen kann.
Zu wenig qualitative und fehlende Gütesiegel
In Wien und Niederösterreich haben wir 18 verschiedene Filialen von Hofer, Penny und Lidl genau unter die Lupe genommen und deren verarbeiteten Fleischprodukte, wie Aufschnitte und Wurst, untersucht. Unser Fazit:
- 6 von 10 der untersuchten verarbeiteten Fleischprodukte tragen kein Gütesiegel.
- 3 von 10 der Produkte tragen das österreichische AMA-Herkunftssiegel
- Nur jedes zehnte Produkt trägt tierwohlverbesserte konventionelle Siegel (zum Beispiel FairHof bei Hofer) oder ein offizielles Biosiegel
Das Fehlen unabhängiger Gütesiegel hat gravierende Folgen für den Tierschutz. Ohne solche Kennzeichnungen bleibt für Konsument:innen unklar, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten wurden. In den meisten Fällen entsprechen diese lediglich den nationalen Mindeststandards der Herkunftsländer.
Diese Mindeststandards sind jedoch häufig weit von einer tierwohlorientierten Haltung entfernt. Sie ignorieren grundlegende Bedürfnisse der Tiere und begünstigen eine industrielle Massentierhaltung, die primär auf Profit ausgerichtet ist. Dazu gehören die systematische Qualzucht, der exzessive Einsatz von Antibiotika und das routinemäßige Verstümmeln der Tiere, um sie an unnatürliche Haltungsbedingungen anzupassen und ihre Körper maximal auszunutzen.
Leider bestätigen die aktuellen Ergebnisse die alarmierenden Erkenntnisse unseres letzten Einkaufstests: Bereits Ende des vergangenen Jahres haben wir festgestellt, dass bei den Billigeigenmarken der Supermärkte über die Hälfte des unverarbeiteten Fleisches und sogar 4 von 5 der verarbeiteten Produkte ohne jegliche Gütesiegel angeboten wurden. (Lesen Sie HIER mehr über die problematischen Tierschutzstandards bei Eigenmarken in Supermärkten).
Kaum Bio bei verarbeiteten Fleischprodukten
Nur etwa 6 % der von uns untersuchten Produkte im Einkaufstest waren mit einem Biosiegel versehen. Ein Biosiegel garantiert, dass zumindest die europäischen Bio-Mindestanforderungen eingehalten werden. Diese Standards sind unabhängig von weiteren Zertifizierungen am europäischen Bio-Siegel erkennbar.
Doch obwohl Biosiegel grundsätzlich höhere Standards als die gesetzlichen Mindestvorgaben bieten, bestehen auch hier erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Zertifizierungen. Für Konsumentinnen und Konsumenten bleibt daher oft unklar, wie viel Tierwohl tatsächlich hinter einem Bio-Produkt steckt.
Hinzu kommt, dass die Schlachtung in den meisten Fällen nicht spezifisch geregelt ist. Dadurch sind Tiere aus biologischer Haltung häufig denselben langen Transportwegen und grausamen Tötungsmethoden ausgesetzt wie Tiere aus konventioneller Landwirtschaft.
Ausländisches Billigfleisch im Regal
Auch die Herkunft der verarbeiteten Produkte gibt besonders Anlass zur Sorge. Bei Artikeln ohne Gütesiegel ist diese oft schwer nachvollziehbar oder gar nicht angegeben. Einige der verarbeiteten Fleischwaren stammt aus dem Ausland, wo die Bedingungen für die Haltung und Schlachtung der Tiere häufig intransparent sind und nur unzureichend oder gar nicht kontrolliert werden können.
Zusätzlich verstärkt die günstige Produktion im Ausland den Wettbewerbsdruck auf die heimische Landwirtschaft. Solange es in Österreich erlaubt ist, Produkte anzubieten, die unter den hiesigen nationalen Mindeststandards produziert werden und daher günstiger sind, stoßen Forderungen nach höheren Tierschutzstandards auf Widerstand. Die heimische Landwirtschaft sieht sich beispielsweise durch strengere Auflagen oft in ihrer Existenz bedroht, da höhere Standards mit zusätzlichen Kosten verbunden sind.
Österreichische Herkunft bedeutet nicht automatisch Tierwohl
Leider ist auch bei österreichischen Produkten Tierwohl keineswegs automatisch gewährleistet. Tiere, die hierzulande konventionell gehalten werden, unterliegen lediglich den Mindeststandards des österreichischen Tierschutzgesetzes. Diese dürfen die europäischen Vorgaben zwar nicht unterschreiten, gehen – mit Ausnahme der Geflügelhaltung – jedoch auch kaum darüber hinaus.
Mindestens 60 % der Schweine in Österreich lebt nach wie vor auf betonierten Vollspaltenböden, ohne Zugang zu Tageslicht, Frischluft oder ausreichend Platz. Auch Beschäftigungsmöglichkeiten, die selbstverletzendes Verhalten verhindern könnten, fehlen häufig. Diese Haltungsbedingungen entsprechen den gesetzlichen Mindestanforderungen, bieten jedoch keine tierwohlgerechte Umgebung.
Selbst das Standard-AMA-Gütesiegel stellt keine signifikanten Verbesserungen sicher. Obwohl das Siegel gerne mit Bildern glücklicher Tiere beworben wird, handelt es sich in erster Linie um ein Herkunftssiegel. Es soll lediglich garantieren, dass Zucht, Haltung und Schlachtung in Österreich stattgefunden haben, geht jedoch über die nationalen Mindeststandards kaum hinaus.
Verpflichtende Haltungskennzeichnung muss her
Unser Einkaufstest verdeutlicht erneut, dass sowohl für die Tiere als auch für die oft herausfordernde Situation vieler Landwirt:innen dringend ein politischer Kurswechsel notwendig ist. Konkret fordern wir:
- Verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung: Konsument:innen müssen klar und verständlich nachvollziehen können, unter welchen Bedingungen die Tiere, deren Produkte sie kaufen, gehalten wurden.
- Auslistung niedriger Haltungsstufen: Produkte aus Haltungsformen mit den schlechtesten Standards sollten aus den Regalen verschwinden. Dabei müssen auch importierte Produkte mindestens die nationalen Mindeststandards erfüllen.
- Förderung pflanzlicher Alternativen: Pflanzliche Produkte sollten das ganze Jahr über preislich deutlich attraktiver sein als tierische, um einen nachhaltigen Wandel im Konsumverhalten zu fördern.
Ein Blick nach Deutschland, unserem Nachbarland und bedeutendem Exportmarkt, zeigt, dass eine verpflichtende und übersichtliche Haltungskennzeichnung positive Auswirkungen auf das Kaufverhalten hat. Dort hat die steigende Nachfrage nach Produkten aus besseren Haltungsbedingungen dazu geführt, dass Discounter wie Aldi und Lidl zunehmend tierische Produkte aus niedrigeren Haltungsstufen auslisten. Österreichische Zulieferer laufen Gefahr, diesen wichtigen Absatzmarkt zu verlieren, wenn sie sich nicht an die neuen Anforderungen anpassen.
FAZIT
Die Ergebnisse des Einkaufstests zeigen, wie dringend eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung in Supermärkten, der Gastronomie und der Gemeinschaftsverpflegung ist. Über die Hälfte der untersuchten Produkte trägt kein Gütesiegel, und die Herkunft vieler verarbeiteter Fleischwaren bleibt unklar. Nur etwa 6 % der Produkte sind mit einem Biosiegel versehen, das höhere Standards garantiert.
Ein langfristiges Ziel sollte die Auslistung der schlechtesten Haltungsstufen im Einzelhandel sein, begleitet von erschwinglichen pflanzlichen Alternativen. Angesichts von Klimawandel und Biodiversitätsverlust muss die Politik den Übergang zu pflanzenbasierten Lebensmittelsystemen durch finanzielle Anreize, Unterstützung für Betriebe und Investitionen in die Lebensmittelindustrie aktiv fördern.
Sie wollen unseren ehemaligen Nutztieren helfen?
Die meisten „Nutztiere“ werden in ein System hineingeboren, das keinen Platz mehr hat, wenn sie ihren „Nutzen“ für uns Menschen verlieren. Unterstützen Sie uns mit einer Spende bei der Rettung dieser Tiere, übernehmen Sie eine individuelle Patenschaft für einen unserer Schützlinge oder geben Sie ihm vielleicht sogar ein neues Zuhause!