ERFOLG – Qualzuchtkommission nimmt Arbeit auf

Die von uns erkämpfte Qualzuchtkommission ist ein wichtiger Meilenstein gegen gesundheitsschädliche Zuchtpraktiken und Qualzucht. Doch es gibt noch viel zu tun. Was die Qualzuchtkommission für Züchter:innen bedeutet und wo es noch hakt – HIER!

Auf einen Blick

  • Erstmals wissenschaftliche Kontrolle: Die neue Qualzuchtkommission bewertet Zuchtprogramme und hilft, gesundheitsschädliche Zuchtpraktiken zu verhindern.
  • Zuchtverbände unter Aufsicht: Alle organisierten Zuchtprogramme müssen bis 30. Juni 2025 von der Kommission geprüft werden – Einzelzüchter:innen allerdings nicht!
  • Verordnung fehlt: Wie Qualzucht in der Praxis verhindert, problematische Arten geregelt und Kontrollen sicherstellt werden, soll mithilfe der Qualzuchtkommission erarbeitet und dann in einer Verordnung geregelt werden.
  • Landwirtschaftliche Tiere ausgeschlossen: Die Regelungen gegen Qualzucht gelten nicht für landwirtschaftlich genutzte Tiere – ein massives Tierschutzproblem bleibt bestehen.

Wir haben die Qualzuchtkommission möglich gemacht

Jahrelang blieb das seit 20 Jahren geltende Qualzuchtverbot in Österreich wirkungslos. Züchter:innen konnten mit vagen Versprechen weitermachen, wie bisher, während Tiere unter den extremen Zuchtmerkmalen litten. Doch wir von Tierschutz Austria haben nicht aufgegeben. Gemeinsam mit anderen Tierschutzorganisationen und tausenden engagierten Menschen haben wir die Regierung mit über 18.000 Protestmails unter Druck gesetzt, um die versprochene Verbesserung des Tierschutzgesetzes umzusetzen.

Unser Einsatz hat sich gelohnt: Nach zähen politischen Verhandlungen und drohenden Rückziehern wurde die Tierschutznovelle letztlich doch beschlossen! Lesen Sie HIER was verändert wurde.

Aufgaben der neuen Qualzuchtkommission

Durch die seit 01.Jänner geltende Novelle des Tierschutzgesetzes wurde unter anderem auch die neue Qualzuchtkommission aus Expertinnen und Experten gegründet. Ihre Hauptaufgaben sind:

  • Erkennen und Bewerten von Qualzuchtmerkmalen

Die Kommission untersucht, welche angezüchteten Merkmale bei Tieren gesundheitliche Probleme verursachen und damit zur Qualzucht zählen. Dazu sammelt sie wissenschaftliche Erkenntnisse und entwickelt Diagnosemethoden, die später auch von Tierärztinnen und Tierärzten sowie den Behörden angewandt werden können.

Die Qualzuchtkommission soll wissenschaftlich fundierte Entscheidungen treffen. Dafür besteht sie aus einem 16-köpfigen, interdisziplinären Team von Fachleuten mit Expertise aus unterschiedlichsten Fachbereichen, darunter Tierzucht, Genetik, Ethik und Veterinärmedizin.

Den Vorsitz führt aktuell die ehemalige Amtstierärztin und Tierschutzombudsfrau Dr.in Barbara Fiala-Köck, die viel Erfahrung aus der Praxis und Fachwissen in die Kommission einbringt. Die übrigen Mitglieder stammen unter anderem von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Unterstützt wird die Kommission von einer Geschäftsstelle an der Vetmeduni Wien.

  • Erarbeiten von Regeln zur Überprüfung von Zuchten

Die Kommission entwickelt Vorschläge für Gesetze zur Vermeidung von Qualzucht, dazu kann auch eine Verbotsempfehlung bestimmter Rassen zählen. Umsetzen muss das aber das zuständige Ministerium. Außerdem prüft und bewertet sie Zuchtprogramme beziehungsweise Maßnahmenprogramme zur Vermeidung von Qualzucht der offiziellen Zuchtvereine und gibt Empfehlungen, welche Untersuchungen bei Zuchttieren nötig sein sollen.

  • Beratung, Gutachten und Unterstützung von Behörden

Die Kommission erstellt Gutachten für Züchter:innen und Behörden und hilft unter anderem bei Streitfällen oder in andere Fragen zur Qualzucht. Einzelzüchter:innen, die zu keinem offiziellen Zuchtverband gehören, können ihre Tiere und Programme freiwillig prüfen lassen oder wenn es die Behörde anordnet.

Zucht nur noch mit „gesunden“ Tieren

Mit der Heimtiernovelle 2024 wurde erstmals auch die Verantwortung von Züchter:innen stärker in den Fokus gerückt. Manches dabei sollte eigentlich selbstverständlich sein, etwa, dass Züchter:innen sich über die potentiellen Qualzuchtmerkmale ihrer Tierart informieren müssen oder dass nur gesunde Tiere zur Zucht verwendet werden dürfen.

Doch was banal klingt, ist in der Praxis meist schwierig. Für die Unterscheidung zwischen gesunden und nicht-gesunden Tieren fehlen bisher offizielle Diagnosekriterien. Damit ist es für Behörden kaum möglich, festzustellen, welche Tiere Qualzuchten sind. Gerade kurzschnäuzige Rassen leiden unweigerlich an angezüchteten Atemproblemen oder Überhitzung. Trotzdem finden sich massenweise Zuchtangebote, vermeintlich garantiert „gesunder“ Tiere.

Qualzuchtkommission Kurzschnäuzigkeit

Großer Haken: Verordnung für die Praxis fehlt

Ein wichtiger Schritt für die Arbeit der Qualzuchtkommission und ein erfolgreiches Verbot von Qualzucht fehlt jedoch noch: Im Gesetzestext der Tierschutznovelle, der seit 1. Jänner 2025 in Kraft ist, steht wiederholt, dass entsprechende Verordnungen durch das zuständige Bundesministerium auf Empfehlung der Qualzuchtkommission ausgearbeitet werden müssen, die regeln, wie Qualzucht auch in der Praxis verhindert werden kann.

Während die Qualzuchtkommission Fachwissen und Gutachten erarbeitet, muss daraus also erst ein weiterer Gesetzestext abgeleitet werden, darüber welche Tierrassen genau von Qualzucht betroffen sind, welche Zucht- bzw. Kontrollvorschriften gelten sollen und ob beispielsweise gewisse Rassen überhaupt nicht mehr gezüchtet werden dürfen.

Noch kein Ende der Qualzucht in Österreich

So sehr die Qualzuchtkommission ein wichtiger Erfolg ist, so bleibt doch ein großes Problem bestehen: Landwirtschaftliche Nutztiere sind weiterhin vom Qualzuchtverbot ausgenommen. Tiere wie Masthühner, Schweine und Kühe, die auf Qualzuchtmerkmale wie Turbo-Wachstum oder extreme Milchleistung gezüchtet wurden, profitieren von den neuen Regelungen nicht.

Qualzuchtkomission

Bei den Heimtieren wurde hingegen angekündigt, dass sich die Kommission zunächst stark auf kurzschnäuzige Rassen konzentrieren werde, was bedeutet, dass viele andere Qualzuchtprobleme erst in den kommenden Jahren bearbeitet werden können. Bis alle betroffenen Tierarten, Rassen und Krankheitsbilder evaluiert sind, wird es vermutlich noch einige Zeit dauern.

Fazit: Ein guter Anfang, aber noch viel zu tun

Die Einrichtung der Qualzuchtkommission ist ein riesiger Erfolg für den Tierschutz und ein direkter Beweis dafür, dass jahrelanger Druck von Tierschutzorganisationen wirkt. Doch wir dürfen uns darauf nicht ausruhen. Die Politik muss weiterhin dazu gedrängt werden, dass das Qualzuchtverbot auf ALLE Tierarten ausgeweitet wird und dass die Kommission mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet wird, um alle Qualzuchtprobleme rasch anzugehen.

 

Sie wollen unsere politische Arbeit weiter unterstützen?

Wir versorgen und pflegen in unserem Tierschutzhaus zahlreiche Tiere, die unter den Folgen rücksichtsloser Qualzucht leiden müssen. Doch während wir alles dafür tun, ihnen das bestmögliche Leben zu ermöglichen, ist Qualzucht ein systemisches Problem, dass wir nur durch weitere politische Arbeit lösen können. Unser Erfolg bei der Umsetzung der Qualzuchtkommission hat gezeigt, wie viel wir gemeinsam erreichen können. Bitte unterstützen Sie uns daher mit einer Spende, um hier noch weiter aktiv sein zu können!

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