Faktencheck – 5 Fragen zur Fischotterjagd in Kärnten

In Österreich werden jährlich über 220 Otter zur Tötung freigegeben, die Dunkelziffer ist weitaus höher. Besonders Kärnten macht mit seinen grausamen Fangmethoden auf sich aufmerksam. Wir haben in 5 Fragen geklärt, was wirklich hinter der Otterjagd steckt und warum unsere Fischbestände tatsächlich einbrechen!

 

1.      Wie werden Otter in Kärnten gejagt?

Die grausame Fallenjagd auf Fischotter in Kärnten beschäftigt uns schon seit einiger Zeit und wir kämpfen auch juristisch dagegen an (unterstützen Sie HIER unsere Petition!). Neben Gewehren werden in Kärnten leider immer noch unselektive Totschlagfallen (Conibearfallen) verwendet, um Fischotter zu töten. Gerät das Tier zwischen die beiden Metallbügel, schnappt die Falle zu. Im besten Fall werden lebenswichtige Organe schwer genug verletzt und die Tiere sterben schnell, doch das kann leider nicht immer gewährleistet werden. Obwohl die Kärntner Jagdverordnungen nur das Fangen und Töten an Land erlauben, werden Conibear-Fallen teilweise immer noch illegal unter Wasser platziert. Otter, die darin gefangen werden, ertrinken oft qualvoll.

Unabhängig davon, wo Fallen platziert werden, gefährden sie auch andere Arten. Der Wildbiologe Dr. Hans-Heinrich Krüger kommt in seinem Bericht von 2021 über Fischotterjagd mit Conibear-Fallen in Kärnten zu dem Schluss, dass die Fallen nicht nur tierschutzwidrig, sondern auch nicht selektiv sind und eine Gefahr für Menschen sowie andere Tiere (z.B. Katzen, Hunde, Igel, Hasen usw.) darstellen (mehr HIER).

2.      Warum werden durch die Jagd mehr Otter getötet als eigentlich erlaubt?

Aktuell dürfen in Kärnten jährlich 50 der streng geschützten Fischotter getötet werden. Auch stillende und offensichtlich schwangere Weibchen sind von November bis Ende Februar freigegeben und selbst in europäischen Schutzgebieten, Nationalparks und Biosphärenreservaten ist das Fangen und Töten von Fischottern durch die Kärntner Fischotterverordnung gestattet.

Durch die aktuellen Jagdpraktiken sterben allerdings weit mehr Tiere als durch die Quote erlaubt wäre: Indem schwangere und säugende Fischotter legal gejagt, verenden auch ihre Jungen. Fischotter vermehren sich das ganze Jahr über, was bedeutet, dass Schonzeiten dieses Problem nicht lösen können. Zweitens fliehen angeschossene und verletzte Fischotter zurück ins Wasser und können damit von uns Menschen nicht länger aufgespürt werden. Oft scheint es so, dass ein Schuss das Tier verfehlt habe, während tatsächlich nur der Kadaver nicht gefunden werden kann. Es kommt damit zu deutlich mehr Todesfällen, als offiziell gemeldet werden.

Petition gegen Fischotterjagd!

3.      Was geschieht mit den getöteten Ottern?

Obwohl die Kärntner Landesregierung gesetzlich dazu verpflichtet ist, regelmäßig ein Monitoring durchzuführen, um wissenschaftliche Daten über die Otterpopulation zu sammeln, fehlen in der Jagdpraxis kontinuierliche Monitoringprogramme. Gefangene und getötete Fischotter werden meist nur zufällig auf Alter, Geschlecht, Fortpflanzungsstatus und Zustand untersucht.

Der Burgenländische Wildtierökologe und Fischotter Ombudsmann Dr. Andreas Kranz, empfiehlt, dass diese Daten für jedes gefangene und getötete Individuum obligatorisch gesammelt und analysiert werden sollten, um die Auswirkungen der Jagd auf die gesamte österreichische Otterpopulation zu bewerten. Bisher fehlen Studien dazu. Wir wissen also nicht, ob die Tiere sich zum Beispiel stärker vermehren, oder ihre Territorien anders wählen, als sie es ohne Bejagung tun würden.

Wir kritisieren außerdem, dass getötete Otter als Trophäen aufbewahrt werden dürfen. Jäger:innen können sich die erlegten Tiere etwa ausstopfen lassen und sie so stolz präsentieren. Damit wächst der Anreiz für die Otterjagt.

4.      Wie selten ist der Fischotter?

Fischotter werden nicht nur in Kärnten, sondern auch in Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark vorsätzlich getötet. Im letzten Jahr, 2023, betrug die Fangquote in Österreich insgesamt 224 Individuen.

Gemäß der Flora-Fauna-Habitatsrichtlinie (FFH-Richtlinie) wird die Fischotterpopulation in Österreich in zwei biogeografischen Regionen (kontinental und alpin) unterteilt. Laut der neuesten Einstufung ist der Erhaltungsstatus in der kontinentalen Region günstig und in der alpinen Region ungünstig. Eigentlich müssen laut der FFH-Richtlinie Tierarten geschützt werden, bis ihre Populationen in einem günstigen Zustand sind, bevor sie pauschal bejagt werden dürfen. Die Mehrheit der im letzten Jahr in Österreich für die Jagd freigegebenen Fischotter lebte in der alpinen Region. Das heißt, die Mehrheit der Otter wurden bejagt, obwohl der Erhaltungszustand ihrer Population ungünstig ist und die Jagd damit gegen die FFH-Richtlinie verstößt.

Die Jagdpraxis hierzulande hat außerdem auch große negative Auswirkungen auf länderübergreifende Ökosysteme. Aus wildökologischer Sicht kann beispielsweise im Falle von Kärnten davon ausgegangen werden, dass die umfangreiche Entnahme im Villacher Gebiet dazu führt, dass weniger Otter Richtung Italien wandern. Dies bedeutet, dass die natürliche Wiederbesiedlung der Alpen mit Ottern durch die Tötungen in Kärnten stark behindert bzw. verzögert wird.

5.      Was bedroht unsere Fische wirklich?

Fischotter stellen nachweislich keine Bedrohung für stabile Ökosysteme und gesunde Fischpopulationen dar. Tatsächlich spielen Otter als spezialisierte Raubtiere eine wichtige Rolle in ihren ökologischen Nischen und tragen zur allgemeinen Gesundheit aquatischer Ökosysteme bei. Zu dieser wichtigen Schlussfolgerungen kamen Wissenschaftler:innen 2023, als sie in der ersten österreichischen Studie mehrere komplexe Faktoren in die Analyse des Fischrückgangs einbezogen hatten. Sie untersuchten die Bestandstrends verschiedener Fischarten im burgenländischen Fluss Lafnitz und analysierte umfassende Daten von fast 40 Jahren (mehr HIER).

Lebensraumverlust durch Bauaktivitäten, steigende Wassertemperaturen, veränderte Sedimentzusammensetzungen und veränderte Wasserströmungen stellt jedoch eine erhebliche Bedrohung für Fischpopulationen dar. Diese Umweltveränderungen destabilisieren Ökosysteme und Raubtiere wie Fischotter können die Auswirkungen dieser Veränderungen verstärken. Damit können Fischotter wirtschaftlichen Einfluss haben. Insbesondere die Gewässergröße und die Wasserstruktur haben einen erheblichen Einfluss auf den Fang-Erfolg von Fischottern. Begradigte, kleine, seichte Bäche, oder ungeschützte Fischteiche erleichtern dem Fischotter die Jagd ungemein (mehr HIER).

Viele Fischbestände in Österreich sind seit Jahren rückläufig, dieser Trend überlappt oft zeitlich mit der Rückkehr von Fischottern. Der Fischotter wird damit schnell zum Sündenbock, ohne dass ein kausaler Zusammenhang nachgewiesen wurde. Dabei kann die Jagd auf Fischotter, Kormoran und Co. andere Probleme wie Lebensraumverlust und Klimawandel, die dem Fischsterben zugrunde liegen, nicht lösen. Der Fokus auf Beutegreifer als Sündenböcke lenkt damit davon ab, wie unseren Fischen und Gewässern tatsächlich geholfen werden müsste (mehr HIER).

Dass die Bejagung der Otter, denn Fischbeständen nicht hilft, wird auch gestützt durch ein spannendes Was-wäre-wenn-Experiment 2020 in Kärnten. Dr. Kranz und weitere Wissenschaftler:innen untersuchten in Görtschitz, ob die Entnahme von Fischottern zur Erholung der Forellenpopulationen beitragen kann. Über 2 Jahre lang wurden 6 Fischotter aus ein 5 km-langen Flussabschnitt gefangen und umgesiedelt – eine vergleichbare Anzahl wie bei der tatsächlichen Otterjagd. Entgegen allen Erwartungen wurde kein Anstieg des Fischbestands beobachtet und die Forscher:innen schlussfolgerten, dass die kärntnerische Praxis, Fischottern zum Schutz anderer Tiere zu töten, unwirksam ist.

Artenschutz durch ein Bundes-jagdgesetz!

Zusammen mit dem ökologischen Jagdverband, dem VGT und anderen Expertinnen und Experten fordern wir einen strengen Artenschutz in der österreichischen Jagd!

Volksbegehren unterstützen! 

Wenn Sie sich für Artenschutz einsetzen wollen, unterschreiben sie unser Volksbegehren für ein Bundeseinheitliches Jagdgesetz, wo wir auch noch andere wichtige Reformen fordern, um die Jagd ökologisch und tierschutzgerecht zu machen!

Sie wollen unseren WIldtieren helfen?

Unterstützen Sie uns mit einer Spende bei der Pflege unserer Wildtiere in Not oder übernehmen Sie eine individuelle Patenschaft für eines unserer anderen Tiere!

 

Verordnung der Kärntner Landesregierung vom 6. Dezember 2022, Zl. 10-JAG-1/106-2022, betreffend die vorübergehende Ausnahme von der Schonzeit für den Fischotter

Friedl T. 2021. Langzeitstudie zum Einfluss des Fischotters (Lutra lutra) auf den Fischbestand eines kleinen Forellenbaches im Klagenfurter Becken.

Krüger H H. Kurzgutachten: Zur Frage des tierschutzgerechten Einsatzes von Conibearfallen und zur Einhaltung des Muttertierschutzes bei der Erlegung von Fischottern. 2021

Kranz, A., Poledník, L. & Mateos-González, F. 2020: Zum Einfluss des Fischotters auf die Bachforelle in der Forellenregion: Fallbeispiel Görtschitz in Kärnten. Endbericht im Auftrag der Abteilung 10 – Land- und Forstwirtschaft, Unterabteilung Agrarrecht des Amtes der Kärntner Landesregierung, 98 Seiten.

Wolfram G, Kranz A, Poledník L, Cocchiararo B, Fürnweger G & Sigmund E 2023: Zum Einfluss des Fischotters auf den Fischbestand der Lafnitz. Broschüre im Auftrag des Amtes der Burgenländischen Landesregierung. Wien – Graz, 60 Seiten.

Roy, A., Krüger, HH., Schmalz, M. (2023). Management in wesentlichen Konfliktfeldern um den Fischotter – Übersicht zum aktuellen Wissensstand. https://doi.org/10.1007/978-3-662-65745-4_6

https://www.burgenland.at/themen/natur/naturschutz/fischotter/

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