Alle Jahre wieder …
Wieder einmal mehren sich die Stimmen, die die Herabsenkung des Schutzstatuses des Wolfes fordern. Wieder einmal sind es dieselben Stimmen der Landwirtschaft wie jedes Jahr. Nun machte sich auch Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger dafür stark. Wir fragen uns, was Frau Minister Gewessler dazu sagt und bitten sie zu einer raschen und klaren Stellungnahme.
Die Entnahme, d.h. der Abschuss von Problemwölfen ist faktisch nicht umsetzbar, da kein Wolf ein Schild mit „Problemwolf“ umgehängt hat. Außerdem müssen nach den Naturschutzgesetzen der Länder und nach der FFH Richtlinie der EU zunächst einmal gelindere Maßnahmen angewendet werden.
Herdenschutz ist die Grundvoraussetzung für eine problemlose Koexistenz von Wölfen und Weidewirtschaft:
- Herdenschutzmaßnahmen werden überall in Europa in den unterschiedlichsten Lebensräumen umgesetzt, sind wirksam und seit langer Zeit erprobt (siehe unter anderem FERNÁNDEZGIL et al. 2018).
- Herdenschutzmaßnahmen sind als „anderweitige zufriedenstellende Lösung“ iSd Art. 16 Abs. 1 FFH-RL anerkannt (FERNÁNDEZ-GIL et al. 2018, EUROPÄISCHE KOMMISSION 2020a und 2020b), deren Umsetzung ist die Voraussetzung zur Anwendung von Art. 16 FFH-RL.
- Um ein vollständige staatliche Finanzierung wirksamer Herdenschutzmaßnahmen zu ermöglichen, wurde im November 2018 die Beihilferichtlinie geändert (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2018). Die Europäische Union ermöglicht somit, „den Landwirten eine vollständige Entschädigung für Schäden zu gewähren, die durch geschützte Tiere wie Wölfe verursacht werden“. Ebenso ermöglichen die Änderungen, die Kosten für Investitionen in Herdenschutzmaßnahmen vollständig aus EU Mitteln und nationalen staatlichen Beihilfen.
Rechtsgrundlage
Forderungen nach Beibehaltung einer Alm- und Weidewirtschaft ohne Herdenschutzmaßnahmen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Verlangen einer „wolfsfreien“ Kulturlandschaft, sind unionsrechtswidrig.
Der Wolf befindet sind in der EU großteils noch immer in einem ungünstigen Erhaltungszustand und ist gefährdet (BOITANI 2018, EEA 2019, PROTECT 2021, Kap. 4.1). Ganz besonders gilt dies für Österreich, wo nur ein kleiner Teil des für einen günstigen Erhaltungszustand benötigten Bestandes vorhanden ist und die Art weiterhin vom Aussterben bedroht ist (PROTECT 2021, Kap. 4.2).
Österreich hat mit 0,39 Wölfen pro 1.000 km² die EU -weit geringste Besiedelungsdichte mit Wölfen. Zum Vergleich: die Besiedelungsdichte in der Slowakei liegt bei 9,30 Wölfen pro 1.000 km², in Rumänien bei 11,54 und in Lettland bei 17,92 Wölfen pro 1.000 km² (EEA 2019, PROTECT 2021, Kap. 2).