Report: Wildtierkriminalität – Harte Fakten und viel Ungewissheit

Wildtierkriminalität ist traurige Realität für Umwelt- und Tierschützer:innen. Auch in Österreich werden dadurch Erfolge von Arten- und Naturschutz maßgeblich bedroht. WWF Österreich und BirdLife Österreich haben in ihrem aktuellen Report wichtige Eckdaten analysiert. Wir fassen die wichtigsten Punkte zusammen und erklären, wie Sie selbst gegen Wildtierkriminalität vorgehen können.

Auf einen Blick:

  • Nachweislich wurden über 200 geschützte Tiere zwischen 2016 und 2022 illegal verletzt oder getötet, die Dunkelziffer ist vermutlich um einiges höher.
  • Die Strafen sind zahnlos und die Aufklärungsrate ist sehr gering
  • Die Bevölkerung wird erfreulicherweise sensibler und meldet immer mehr Verdachtsfälle

Über 200 nachgewiesene Fälle von Wildtierkriminalität und sehr hohe Dunkelziffer

WWF und BirdLife dokumentierten zwischen 2016 und 2022 über 359 Verdachtsfälle von Wildtierkriminalität. Bei 203 Wildvögel aus 36 Arten und 16 streng geschützten Säugetieren, darunter Wolf, Luchs, Biber und Fischotter, konnte ein Verbrechen eindeutig nachgewiesen werden. Greifvögel waren dabei am stärksten betroffen. Bei See- und Kaiseradlern waren illegale Tötungen sogar die häufigste Todesursache.

Der Begriff Wildtierkriminalität umfasst dabei mehrere Straftaten. Darunter fallen etwa sowohl die Tötung und Schädigung als auch der illegale Handel mit geschützten Wildtieren. Neben dem Abschuss kommen auch Giftköder und Fallen zum Einsatz. In Österreich wurden 45 % der gefundenen Tiere illegal abgeschossen, etwa ein Viertel erlitten eine Vergiftung, 20 % wurden in Fallen gefangen. Vergiftungen sind dabei besonders tückisch, denn sie schädigen auch die übrige Umwelt und andere Tiere maßgeblich (Lesen Sie HIER wie Rattengift unserer Biodiversität schadet).

Gerade bei seltenen Arten kann jedes fehlende Individuum den Bestand. Je weniger Tiere sich verpaaren können, desto geringer ist der genetische Pool einer Population und desto weniger anpassungsfähig werden die Bestände. Gerade in Zeiten der Klimakrise kann fehlende Anpassungsfähigkeit zu einem entscheidenden Nachteil werden, wenn es um das Überleben einer Art geht.

Immer noch zu wenig Aufklärung und rechtliche Konsequenzen

Trotz dem hohen biologischen und ökologischen Schaden, der bereits durch die Verletzung einzelner Individuen entsteht und dem unzumutbaren Tierleid, ist das Strafmaß leider nach wie vor sehr niedrig. Je nach Delikt handelt es sich um Verwaltungsübertretungen nach dem Jagd- oder Naturschutzgesetz des betreffenden Bundeslands, oder um ein Vergehen nach dem Strafgesetzbuch. Dabei können entweder Geld- oder Haftstrafen verhängt werden – letztere mit maximal drei Jahren.

Abgesehen von den zahnlosen Strafen, scheitert es auch bei den Verurteilungen. Viele Verfahren verlaufen im Sand, oder es kommt nie zu einer Anklage. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ihres Berichts waren WWF und BirdLife nur 13 Verurteilungen im Zusammenhang mit Wildtierkriminalität bekannt. Die Aufklärungs- und Verurteilungsrate muss also schleunigst erhöht werden, um Bestände seltener Arten ausreichend zu schützen.

Bevölkerung wird sensibler und nachgewiesene Verfolgungen sinken

Erfreulich ist hingegen, dass die Anzahl der Verdachtsmeldungen zwischen 2016 und 2022 gestiegen ist. Es kann also davon ausgegangen werde, dass die Bevölkerung zunehmend von dem Problem Notiz nimmt und Wildtierkriminalität stärker in das allgemeine Bewusstsein rückt.

Auch sankt über die vergangenen Jahre der nachgewiesene Anteil illegaler Verfolgung von Wildtieren. WWF und BirdLife mahnen hier jedoch zur Vorsicht: Wildtierkriminalität ist nur schwer nachzuweisen, wenn keine Kadaver oder verletzten Tiere gefunden werden. Es bleibt also abzuwarten, ob tatsächlich weniger Tiere verfolgt werden, oder ob die Tätergruppen ihre Spuren nur besser und geschickter zu verwischen lernen. Täter:innen sprechen von den „drei S“: Schießen, Schaufeln, Schweigen. Erst kürzlich wurde ein erschossener Wolf bei Tulln aus der Donau gefischt. Das getötete Tier war in den Fluss geworfen, aber ans Ufer gespült und von Passanten entdeckt worden. In einschlägigen Foren wurde daraufhin über geschicktere Vertuschungsmethoden diskutiert. Fest steht, dass die tatsächlich nachgewiesenen Fälle von Wildtierkriminalität nur die Spitze des Eisbergs sein können.

Falldatenbank erleichtert Kampf gegen Wildtierkriminalität

Ausführliche Informationen sind die Grundlage im Kampf gegen Wildtierkriminalität. Die meisten Hinweise eines Verbrechens stammen aus der Bevölkerung bzw. von ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen, die zufällig fündig werden. Je besser die Bevölkerung sensibilisiert ist, desto eher wird Wildtierkriminaltität wahrgenommen und gemeldet. Doch für eine erfolgreiche Prävention muss zudem möglichst genau und flächendeckend analysiert werden, welche Tiere in welchen Gebieten und durch welche Methoden zu Schaden gekommen sind.

WWF und BirdLife haben daher 2016 die erste nationale Falldatenbank für Wildtierkriminalität ins Leben gerufen. Alle bekannten Greifvogel-Verfolgungsfälle wurden darin seit dem Jahr 2000 vermerkt und auch Verdachtsmeldungen und Funde verletzter oder toter Tiere erfasst. Seit die EU die Untersuchung durch ihr LE-Projekt „Wildtierkriminalität in Österreich“ zu fördern begann, werden auch Verbrechen gegen geschützte Säugetiere, zum Beispiel Luch, Fischotter, Biber und Wolf, aufgenommen. Diese gesammelten Informationen ermöglichten detaillierte Ergebnisse, wie sie im Report zu Wildtierkriminalität letztens veröffentlicht wurden.

Gemeinsam gegen Wildtierkriminalität!

Vorsicht ist besser als Nachsicht, das gilt auch bei Wildtierkriminalität. Bereits der Verdacht auf ein Verbrechen, kann helfen, Tiere und Natur zu schützen. Zögern Sie deshalb nicht und melden Sie verdächtige Beobachtungen etwa bei uns, der BirdCrime-Hotline von BirdLife (+43 660 869 23 27), der WWF-Hotline (+43 676 444 66 12) oder schreiben Sie eine Mail an meldung@wildlifecrime.at.

Wenn Sie verletzte oder tote Tiere, mutmaßliche Giftköder oder verdächtige Fallen entdeckt haben, fassen Sie nichts an, sondern dokumentieren Sie Ihren Fund mit Fotos und halten Sie Rücksprache mit uns, WWF oder BirdLife, um sich beraten zu lassen und gegebenenfalls an die zuständige Behörde weitergeleitet zu werden.

Vollständiger Report HIER!

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