Auf einen Blick
- Die Tierschutznovelle von 2022 bringt nur geringe Haltungsverbesserungen und kein Ausstiegsdatum der Vollspaltenbodenhaltung
- Der Verfassungsgerichtshof kippte die langen Übergangsfristen, bis wann Betriebe auf den geringfügig verbesserten Mindeststandard umgestiegen sein müssen
- Die Politik ist gefragt, um vor den Neuwahlen finanziell tragbare Übergangslösungen zu erarbeiten
Tierschutznovelle bringt für Schweine nur marginale Haltungsverbesserungen
Um die Nutztierhaltung zu verbessern, wurde von der Regierung 2022 eine Novelle des Tierschutzgesetzes und der 1. Tierhalteverordnung beschlossen. Viel Aufregung gab es schon damals um das vermeintliche „Aus“ von Vollspaltenböden. Bei genauerer Betrachtung zeigte sich, dass ein tatsächliches Datum für das Ende der Vollspaltenbodenhaltung noch nicht existiert. Auch der mit der Tierschutznovelle erhöhte Mindeststandard für die Vollspaltenbodenhaltung brachte nur marginale Verbesserungen für die Tiere.
Schweine liegen oder stehen auch nach der neuen Regelung weiterhin ununterbrochen über ihrer eigenen Gülle und können ihren natürlichen Bedürfnissen nicht nachkommen. Der neue Mindeststandard verbietet zwar unstrukturierte Vollspaltenbuchten, dennoch muss nur ein Drittel der Bucht aus einem planbefestigtem Liegebereich bestehen. Der Trick dabei: Obwohl der Liegebereich als planbefestigt bezeichnet wird, darf er trotzdem Spalten haben. Einstreu ist nicht in jedem Fall verpflichtend und pro Schwein wird nur geringfügig mehr Platz vorgeschrieben.
Ein großes Mastschwein über 110 Kg bekommt nach der neuen Regelung beispielsweise statt 1,00 m2 nun 1,20 m2 zugesprochen. 20 % mehr Platz mag zwar nach viel klingen, in der Realität ist das aber nur eine winzige Fläche und in Summe noch immer weit kleiner als eine herkömmliche Yogamatte.
Vollständiges Ende der Vollspaltenböden noch nicht festgelegt
Besonders problematisch sind die verschiedenen Übergangsfristen, die je nachdem ob ein Betrieb bestehend ist, neu- oder umgebaut wurde, große Unterschiede mit sich bringen: Für Neu- und Umbauten gelten die oben beschriebenen marginalen Verbesserungen aus der Tierschutznovelle zwar ab 2023, für bestehende Ställe war bislang jedoch eine Übergangsfrist bis 2040 vorgesehen, um auf den neuen Mindeststandard von 2023 aufzurüsten.
Um getätigte Investitionen finanziell zu sichern, sollten Betriebe mit diesem neuen Haltungssystem anschließend abermals eine Übergangsfrist von sogar weiteren 23 Jahren bekommen, ehe sie erst auf eine noch nicht ausgearbeitete, tatsächliche vollspaltenbodenfreie Haltung umsteigen müssen. Erst dieser, bislang nur versprochene Mindeststandard sollte tatsächlich ein Ende der Vollspaltenbodenhaltung in der Schweinehaltung bringen. Damit ist nicht klar, wann das Vollspaltenboden-Aus tatsächlich kommt.
Verfassungsgerichtshof kippt lange Übergangsfrist.
Offensichtlich ist es nicht im Sinne des Tierschutzes, dass Spaltenböden in Österreich erst in mehreren Jahrzehnten Geschichte sein werden. Diese Meinung teilt auch der Verfassungsgerichtshof: Überraschend wurde Anfang 2024 einem Antrag der Burgenländischen SPÖ stattgegeben und zum 1. Juni 2025 unter anderem die entsprechenden Bestimmungen zu den langen Übergangsfristen gekippt.
Der Verfassungsgerichtshof begründet seine Entscheidung nicht nur mit Tierwohl, sondern auch damit, dass Betriebe, die seit Anfang 2023 mit dem höheren Mindeststandard wirtschaften, dadurch einen wirtschaftlichen Nachteil gegenüber älteren Betrieben haben. Noch bis 2040 herrsche damit ein ungleicher Wettbewerb.
Ohne diese Übergangsfristen gilt damit der verbesserte Standard der Vollspaltenböden verbindlich ab 1. Juni 2025 für alle Betriebe. Anders ausgedrückt ist es ohne gültige Übergangsregelung ab Mitte nächsten Jahres verboten, Schweinebetriebe mit den herkömmlichen Vollspaltenböden zu betreiben. Bestehende Betriebe müssten damit schließen, sofern nicht auf den verbesserten Mindeststandard der Vollspaltenbodenhaltung von 2023 aufgerüstet haben.
Keine Entscheidung über Recht auf mehr Platz und Einstreu für Schweine
Neben den Übergangsfristen hatte die burgenländische Regierung auch Anträge zu inhaltlichen Aspekten des neuen Mindeststandards gestellt. Der Verfassungsgerichtshof sollte etwa klären, ob Schweinen nicht eigentlich deutlich mehr Platz und ein Recht auf tiefes Stroheinstreu zustehen müssten. Leider traf der Verfassungsgerichtshof diesbezüglich keine Entscheidung, sondern wies die Anträge zurück. Auch ob die aktuell erlaubte Vollspaltenbodenhaltung bei anderen Nutztieren, wie Rindern, weiterhin zulässig ist, wurde nicht behandelt.
Außerdem kippte der Verfassungsgerichtshof auch die Bestimmung, wonach bis 2028 abermals ein neuer Mindeststandard ausgearbeitet werden solle, der tatsächlich ein Ende der Vollspaltenbodenhaltung mit sich brächte. Das bedeutet, dass auch hier die Verhandlungen weiter essenziell sind.
Neue Regelung muss vor den Neuwahlen beschlossen werden
Für die meisten konventionellen Landwirtinnen und Landwirte ist ein Aufrüsten auf die neuen Mindeststandards in der Vollspaltenhaltung nicht bis 2025 umsetzbar. Ihre Arbeits- und Wirtschaftsweise setzt auf die einfachere und schnellere Handhabung der Tiere, die aktuell nur auf Kosten der Tiere ermöglicht wird, die ihre Fäkalien und Gülle in Güllebecken unter den Stallboden treten und damit die Reinigung der Stallbuchten beschleunigen.
Die Regierung muss eine neue Übergangslösung finden, die Betreibe dazu bringt, ihre Haltungssysteme deutlich früher zu verbessern, aber gleichzeitig für Landwirtinnen und Landwirten finanziell realistisch umsetzbar bleibt. Außerdem muss endlich ein Mindeststandard entwickelt werden, der tatsächlich Tierwohl berücksichtigt und ein Ende des Vollspaltenbodens bringt.
Minister Rauch fordert eine verkürzte Übergangsfrist bis 2030 und stärkere finanzielle Unterstützung für einen schnellen Umstieg. Ob dieser Vorschlag umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass noch dieses Jahr Neuwahlen auf uns zukommen und die aktuelle Regierungslandschaft deutlich verändern könnten. Es muss also dringend noch innerhalb der aktuellen Legislaturperiode neue Regeln und ein strikter Zukunftsplan beschlossen werden.
Fazit:
Die Tierschutznovelle von 2022 brachte teilweise Verbesserungen für die Schweinehaltung, aber immer noch kein fixes Datum für eine Ende der Vollspaltenbodenhaltung. Der Verfassungsgerichtshof kippte nun u.a. die langen Übergangsfristen, bis wohin auf einen besseren Mindeststandard bei Vollspaltenbodenhaltung aufgerüstet werden müsste. Im Sinne der Tiere aber auch der Landwirtinnen und Landwirte muss bis 1. Juni 2025 eine neue Übergangslösung gefunden werden und außerdem endlich ein tatsächliches Ende der Vollspaltenböden verhandelt werden.
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